Kopfbewohner
Kopfbewohner sind die Mitwirkenden in deinem Kopf, welche in der Kindheit gesammelt werden.
Die Art wie wir mit unseren Kindern sprechen, wird später ihre Innere Stimme werden. (Peggy O’Mara)
Jede Bezugsperson hinterlässt also “Stimmen” in unserem Kopf. Natürlich wollen die meisten Eltern nur das Beste für ihr Kind, doch auch in ihnen leben die “inneren Stimmen”, welche wiederum von ihren Eltern stammen.
Man wählt selbst seine Gefühle.
Man wählt selbst seine Gedanken.
Man wählt selbst sein Verhalten.
Doch wer steuert diese Wahl im Kopf?
Die Kopfbewohner.
Wenn man nur wahrnimmt, was ist, mischt sich kein Kopfbewohner ein. Keine Bewertungen, kein Kopfbewohner.
Wer sind deine Kopfbewohner?
Stell dir folgende Situation vor und achte darauf, welche Kopfbewohner sich bei dir melden:
Du und deine Familie kommen von einem wunderschönen Ausflug nach Hause.
Du fasst dir in deine Jackentasche, doch sie ist leer! Du schaust auch in der anderen Tasche nach, doch auch hier ist nichts drin. Fassungslos kommst du zur Erkenntnis, dass du deine Geldtasche verloren hast.
Der einzig richtige Gedanke in dieser Situation wäre:
“Ich sperre all meine Karten und mache eine Verlustanzeige bei der Polizei”
Alles andere ist Ablenkung.
Doch jetzt geht´s richtig ab in deinem Kopf:
Der Tyrann in deinem Kopf sagt: “Du bist so eine blöde Kuh, wo hast du nur deinen Kopf? ”
Der Unheilverkünder reißt das Wort an sich: “Man hat dir sicher schon alle Konten leergeräumt! Wie willst du jetzt die Miete zahlen?”
Der verbitterte Jammerer wimmert: “Ach, wir hätten einfach zu Hause bleiben sollen, dann wäre das nicht passiert!”
Frau Besserwisser erhebt den Zeigefinger und meint: “Das musste ja passieren, du solltest die Geldtasche sicherer aufbewahren!”
Die Hexe lacht gehässig: “Geschieht dir ganz recht, jetzt weißt du wenigstens was passiert, wenn du unachtsam bist!”
Der maßlose Übertreiber ruft: “Nie passt du auf deine Sachen auf, alles verlierst du!”
Der Beschuldiger findet einen Ausweg: “Dein Mann ist schuld, der wollte diesen Ausflug heute doch machen!”
Wohnt einer von diesen fiesen Bewohnern in deinem Kopf?
Diese Kopfbewohner verletzen uns. Vielleicht hast du dich schon daran gewöhnt und kannst dir gar kein Leben ohne sie vorstellen.
Doch was wäre das für ein glückliches Leben, ohne dauernd beschämt oder traurig gemacht zu werden?
Wenn man sie jedoch bekämpft, werden sie höchstens noch stärker und lauter. Also reden wir einfach mit ihnen. Wir können jene Stimmen in unserem Kopf sortieren, indem wir ihnen Namen und Gesichter geben.
Welche Kopfbewohner meldeten sich im obigen Beispiel bei dir? Gib ihnen individuelle Namen, eine Gestalt und einen Charakter. Welche Kleidung trägt dieser Kopfbewohner? Wie klingt seine Stimme?
Wenn dir diese Übung idiotisch vorkommt, hat wahrscheinlich einer deiner Kopfbewohner den Text gelesen. 😉
Scheuche ihn sofort vom Bildschirm weg und nimm dir die Freiheit, dir deine Bösewichte bildhaft vorzustellen!
Fertige eine Liste von all deinen Kopfbewohnern und ihren Botschaften an:
Es könnte zum Beispiel so aussehen:
Name: Frau Angstmacher
Lieblingstirade: Was wäre wenn (aus dem Husten meines Kindes eine schlimme Krankheit wird, …)
Das Körnchen Wahrheit: Vielleicht tun Andere nicht das, was ich will und ich kann auch die Zukunft nicht bestimmen.
Unterschwellige Botschaft: Habe Angst vor der Zukunft.
Kostüm: Langes, graues, altmodisches Kleid.
Erscheinung: Langes, strähniges, dunkles Haar; besorgter Gesichtsausdruck; weit aufgerissene Augen; ringende Hände
Name: Herr Besserwisser
Lieblingstirade: So solltest du es machen und nicht anders.
Das Körnchen Wahrheit: Ich kann einiges nicht, was ich mir zu tun auferlege.
Unterschwellige Botschaft: Fühle dich dumm.
Kostüm: Schwarzer Anzug.
Erscheinung: Hornbrille, Glatze, überheblicher Gesichtsausdruck
Name: Böse Hexe
Lieblingstirade: Du hast es verdient, dass es dir schlecht geht!
Das Körnchen Wahrheit: Keins.
Unterschwellige Botschaft: Hasse dich selbst.
Kostüm: Warze auf der Nase, stechender Blick, schwarzes Lumpenkleid
Wenn du allen Bösewichten ein Gesicht gegeben hast, kannst du – anstatt ihnen zu glauben – Dialoge mit ihren führen. Die Show kann beginnen!
Danke, Tyrann!
Wenn sich zum Beispiel das nächste Mal Herr Tyrann in deinem Kopf meldet “Du Blödmann, hast dein Kind schon wieder angeschrien, obwohl du doch damit aufhören wolltest!”
Dann stelle dir den Typen in diesem Moment bildlich vor, wie er wild gestikulierend vor dir steht. Zeigt er mit dem Finger auf dich? Hüpft er vor Wut auf und ab? Wenn er dir zu bedrohlich erscheint, dann lasse ihn einfach zu einem winzig kleinen Männchen schrumpfen.
Du hast die Macht, denn es ist deine Phantasie.
Jetzt könntest du – völlig tiefen-entspannt – sagen: “Danke, Tyrann, ich denke heute Abend darüber nach, warum ich heute ausgerastet bin.”
Ziehe dir also nur die Info aus seinem Gezeter raus, die für dich interessant ist. Sei dabei besonders freundlich, denn so gewinnst du die Oberhand. So lernst du, dir selbst wichtige Infos zu geben, ohne dich “Blödmann” zu nennen.
Igitt!
Wenn Frau Pingelig um die Ecke schlendert und mit dem Finger über den verstaubten Fernseher fährt und dir dann mitteilt: “Dein Haushalt ist und bleibt ein Desaster, schämen solltest du dich! Was sollen denn die Leute denken?!”
Dann könntest du frech entgegnen: “Danke für die Info. Im Moment ist mir mein Kind und ich selbst, viel wichtiger, als die Gedanken der Leute.”
Hex, Hex!
Kommt die Hexe auf ihrem Besen durchs offene Fenster rein und kreischt: “Ja, du hast es verdient, dass es dir jetzt schlecht geht …” Dann mach kurzen Prozess mit ihr, denn in ihren Worten steckt kein einziges Körnchen Wahrheit.
Sag laut “NEIN!” und schieße die Hexe auf den Mond. Sei gut zu dir! Sorge für dich und deine Bedürfnisse. Wenn es dir nicht gut geht, dann hole dir Hilfe, dann du hast es verdient, dass es dir gut geht!
Alles geht den Bach hinunter?
Frau Angst klappert um die Ecke und erzählt dir mit weit aufgerissenen Augen: “Oh mein Gott, wenn du weiterhin so auf dein Kind eingehst, wird ein kompletter Egoist aus ihm! Keiner wird es mögen, es wird es so schwer haben!” Sie redet wie ein Wasserfall und steigert sich mit vollem Körpereinsatz in ihre Untergangs-Fantasien.
“Oh, du machst dir Sorgen, dass mein Kind keiner mehr mag. Auf der anderen Seite mag “Ja-Sager” auch keiner. Ist es nicht leichter mit Menschen zu tun zu haben, die gut für ihre Bedürfnisse sorgen, was meinst du, Frau Angst?”
Was sagen dir deine Kopfbewohner? Glaubst du ihnen alles?
Inspiriert vom Buch „”Kopfbewohner” oder: Wer bestimmt dein Denken?“ von Mary Goulding (Mitbegründerin der Psychotherapierichtung Transaktionsanalyse)
Andrea Schiefer
P.S.: Hier kannst du dir das PDF Deine Kopfbewohner herunterladen, um deine eigenen Kopfbewohner zu entdecken und zu beschreiben.
P.P.S.: Kopfbewohner bewerten sehr gerne. Wie du dich davon befreien kannst, kannst du in der folgenden Meditation erleben. Hier geht´s zu deiner Gedankenmuster-bewertung-lösen-Meditation