„Wenn auf der Pazifikinsel Togo ein Kind geboren wird, führen die Frauen des Dorfes mit der Mutter zusammen ein Ritual aus. Sie nehmen ihr Baby mit in den Wald und versammeln sich um das soeben angekommene Wesen. Sie sitzen bei dem Kind, spüren den einzigartigen Spirit des Neugeborenen und in einem bestimmten Moment produziert eine der Frauen einen Ton. Eine andere Frau fügt einen Ton hinzu, eine weitere schließt sich den beiden ersten an, und so entwickelt sich unter den Versammelten allmählich ein Lied, das völlig einzigartig und nur für das Baby bestimmt ist. 

Solange das Kind lebt, an seinen Geburtstagen und anlässlich anderer, rituell wichtiger Zeitpunkte versammeln sich die Frauen und singen das Lied. Und wenn das Kind etwas Böses tut oder krank wird, wird es nicht bestraft oder medizinisch behandelt, sondern die Frauen versammeln sich bei ihm und singen das Lied, um es daran zu erinnern, wer es ist. Auf diese Weise wird der Verlauf des Lebens dieses Wesens während seines ganzen Lebens mithilfe seines Liedes unterstützt.

Und stirbt dieser Mensch, singt die Gemeinschaft, in der er gelebt hat, sein Lied ein letztes Mal, und danach wird es nie mehr gesungen.“

(aus dem Buch: „Die Heldenreise“, Stephen Gilligan und Robert Dilts)

 

Eine wunderbare Geschichte, wie ich finde. Du nicht auch? Sie zeigt doch, dass es immer wieder möglich ist, den Kontakt zu uns selbst verlieren zu können. Und es gibt etwas, das uns daran erinnert.

In der Story der Togoianer ist es das individuelle Lied. Es dient als liebevoller Denkzettel. Ein vergleichbarer Begriff ist deine Rückschau, dein Rückblick oder deine Reflexion.

„Die Reflexion ist nichts anderes als die Aufmerksamkeit auf das, was in uns ist.“

(Leibniz)

Die Zeit für Reflexion bietet dir die Möglichkeit, nach innen zu schauen. Und wenn du das tust, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass du deine Intuition deutlicher wahrnehmen kannst. Du kannst dann deine Intuition noch einmal prüfen, Schlüsse ziehen und somit deine Intuitionskompetenz weiter verbessern.

Der Begriff Reflexion kommt von reflexio (lat.) und bedeutet: zurücktreten.

(aus meinem Artikel – Reflektierte Intuition)

 

Diese Innenschau ist es, die uns hilft, wieder in den Kontakt mit uns selbst und aus dem inneren Zurücktreten in den inneren Beobachter zu kommen.

 

Die Rolle des Beobachters

In der Meditation z. B. spielt der Beobachter eine wichtige Rolle. Seine Aufgabe ist es, die Gedanken zu betrachten, statt sie loszuwerden. Es ist so, als würdest du innerlich einen Schritt zurücktreten, um das Denken vorbeiziehen zu lassen. Als würde man bewusst Wolken am Himmel vorbeischweben sehen.

(aus meinem Artikel – Der innere Beobachter)

Ich glaube, Intuition geht weit über das klassische Gefühl einer Vorahnung hinaus. Es ist weniger ein Inhalt im Sinne von „Ich habe genau gewusst, dass du mich anrufst“, sondern vielmehr deine Wahrnehmungsperspektive. Ähnlich der des Beobachters.

 

Wie ich darauf komme?

Ganz einfach: Der Begriff „Intuition“ besagt Folgendes:

Er kommt aus dem Lateinischen und bedeutet:

in = hinein

und

tuere = sehen.

Ich würde es ganz frei als das In-sich-selbst-Hineintauchen bzw. In-etwas-Hineintauchen übersetzen.

Es ist das Eintauchen in dein eigenes Seelenleben. In „das Meer in dir“, wie es die Isländer sagen würden.

Das bedeutet: Die Wahrnehmungsqualität, die uns ganz im Einklang mit uns selbst sein lässt. Sodass wir alle Impulse des Lebens wahrnehmen und ganz leicht klare Entscheidungen treffen können. Uns verbunden fühlen. Ganz selbstbewusst. Vollkommen präsent. Dieser tiefe innere Kontakt zu dir selbst ist die Quelle deiner Intuition.

Es sei denn, diese Quelle ist verschmutzt und das Wasser darin trüb.

Aber wodurch nur? Hier folgt deine Erklärung:

 

Die Samskaras

Das sind unbewusste Erinnerungen an vergangene Gedanken, Taten und Erlebnissen. Sind wir mit etwas Positivem oder Negativem konfrontiert, reagiert unser Geist mit Eindrücken aus früheren Ereignissen und reagiert entsprechend. Wenn wir uns z. B. immer mit Schokolade getröstet haben, reagiert unser Unterbewusstes immer mit dieser Reaktion, wenn wir traurig sind. Wenn wir hinter diese Prägungen schauen, kann sich unser Verhalten verändern. Der Fokus unserer Aufmerksamkeit programmiert quasi in jedem Augenblick unseren Geist für die Zukunft neu.

Unsere Ausbildung, unsere Erziehung, unsere gesellschaftlichen Werte und eigenen Glaubenssätze prägen uns. Oft haben wir verlernt, unserer Intuition zu folgen, sie wahrzunehmen und ihr zu vertrauen. Die innere Stimme hat Zugriff auf alle unsere Erfahrungen, Vorannahmen und Handlungsmuster. Sowohl positiver als auch negativer Art.

(aus meinem Artikel – Reflektierte Intuition)

Und so verlieren wir den Zugang bzw. den Kontakt zu uns selbst. Können nicht mehr eintauchen in die Tiefen unseres Seins. Und wir haben kein Lied, das uns vorgesungen wird und uns zurückholt, wie bei den Bewohnern der Togo-Insel. Aber wie kommen wir zurück?

 

Dein Perspektivwechsel

Ich glaube, dass es einen einfachen, ähnlichen Weg gibt, um deine innere Quelle wieder zu klären. Die Art und Weise, wie du Sprache verstehst und erlebst. Und zwar nicht in der herkömmlichen Betrachtung von Buchstaben, Worten und Literatur.

 

Wir sprechen vielmehr in Bildern

George Lakoff ist ein amerikanischer Autor und Sprachexperte. In seinem Buch „Leben in Metaphern“ schreibt er, dass Sprache primär metaphorisch und poetisch ist und die Schriftsprache eher sekundär. Also anders als die weit verbreitete Wahrnehmung von Sprache.

Ein Kind beispielsweise lebt in einer Welt von Geschichten und Metaphern, bevor es die Buchstaben, Worte und Literatur kennenlernt. Genau das ist die Sprache unseres Herzens und unserer Seele. Sie ist metaphorisch. Diese Sprache ist es auch, die uns in den Künsten so sehr anspricht. Beispielsweise in einem Gedicht.

„Ein Bild sagt mehr als 1.000 Worte.“

(Konfuzius – chinesischer Philosoph)

Es kann uns so viel umfassender und tiefer erreichen als ein Wort. Weil es über die Gefühle im Körper landet. Mit „landen“  meine ich, dass es Resonanz erzeugt und fühl- sowie spürbar ist. Wir kommen in den Kontakt zu unseren Archetypen (griech.: „Urbild“):

 

Die Kraft unserer Archetypen

Diese Urfiguren knüpfen an Urerfahrungen der Menschen aus allen Kulturen und Zeitepochen an. Das sind Erlebnisse wie: Geburt, Kindheit, Pubertät, ein Kind zu bekommen, Elternschaft, das Altwerden, Tod. In diesen Momenten greifen wir ganz natürlich auf unsere Archetypen zu.

Sie sind in symbolischen Bildern erfahrbar. Beispielsweise in Träumen, Märchen, Sagen und Mythen. Daraus hat der Schweizer Psychiater Carl Gustav Jung sie abgeleitet.

Eine typische Figur ist der Held, den viele von uns so sehr lieben. Wir erleben diese und andere archetypischen Kräfte in uns. Deshalb macht es uns so viel Freude, Geschichten zu lesen, Filme zu schauen.

Ich liebe diese Urfiguren. Sie sind so kraftvoll und das bewusste Nutzen dieser Quellen in uns ermöglicht es uns, lebendiger zu sein und unser Leben zu gestalten. So, wie wir es uns wüschen.

Wenn wir diese Urkräfte in uns aktivieren, reaktivieren, verstärken, wiederentdecken oder entfalten, verändert sich unser Leben.

(aus meinem Artikel – Die Urkräfte eines Entrepreneurs, der Entdecker)

Wir tauchen wieder ein in das Meer in uns. In unsere Urkräfte. Und damit schaffen wir die Voraussetzung für die Begegnung zu Menschen und Dingen um uns herum.

 

Innsaei – das Meer in uns

Innsaei ist die isländische Übersetzung für Intuition. Außerdem bedeutet es „das Meer in uns“ – und damit in dir.

Hast du den Kontakt zu deinen Urkräften hergestellt und tauchst du in deine Intuition ein, kannst du ganz authentisch – also ganz bei dir selbst – sein. Und wenn dir das gelingt, kannst du auch in besonderer Weise anderen Menschen und Dingen intuitiv lauschen.

„Die Polynesier konnten sich ohne Hilfsmittel auf dem Pazifik orientieren, weil sie dem Meer zugehört haben.“

(aus dem Film Innsaei)

Und so ist deine Intuition weitaus mehr als nur ein flauschiges Gefühl. Sie ist das Eintauchen in dich selbst. In deinen tiefsten Kern. Zur Quelle deines Seins. Das kann sich natürlich auch sehr flauschig anfühlen 😉

 

Ich beende deinen Artikel mit den Worten von Steve Jobs:

„Eure Zeit ist begrenzt. Also verschwendet sie nicht, indem ihr das Leben von jemand anderem lebt. Lasst den Lärm anderer Meinungen nicht eure innere Stimme übertönen. Und am wichtigsten, habt den Mut, eurem Herzen und eurer Intuition zu folgen.“

 

Und es gibt Dinge, die uns daran erinnern, wer wir sind. Dadurch fällt es uns leichter, wieder einzutauchen in unseren Kern, unseren natürlichen und authentischen Seinszustand.

Wie geht’s dir mit deiner Intuition? Ich freue mich über einen Kommentar unten im Dialogfeld.

Aus-der-Intuition-wieder-aufgetaucht-Gruß

Holger